Datum: 08. Juli 2014 Ort: Peking
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Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte, liebe Studierende,
sehr geehrte, liebe Studierende,
es ist für mich eine große Freude, hier zu Ihnen zu sprechen. Ich bin
gemeinsam mit einer Delegation zu Ihnen gekommen, die aus Mitgliedern des
Deutschen Bundestags und aller Parteien, die dort vertreten sind, sowie aus
einer Wirtschaftsdelegation besteht.
Sie hier werden in einigen Jahren Verantwortung übernehmen – Verantwortung
in der Wissenschaft, der Politik oder in der Wirtschaft. Sie werden einen
Beitrag dazu leisten, dass sich China weiter gut entwickelt. Sie werden mit
Ihrer Arbeit, Ihren Gedanken, Ihrer gesamten Einstellung und Haltung zum Leben
Ihr Land prägen können. Der Präsident hat soeben das Motto dieser Universität
erwähnt; und ich will es auch nochmals zitieren: „Selbstdisziplin und
gesellschaftliche Verantwortung.“ Das zeigt, dass Sie sich sehr hohen
Ansprüchen stellen.
Eine solche Universität wie die Ihre ist geradezu prädestiniert dazu, ein
Ort der Freiheit, der Kreativität, der Weltoffenheit zu sein. – Der Präsident
hat auch über die Beziehungen zu deutschen Universitäten gesprochen. – Das gilt
heute genauso wie vor 25 Jahren, vor 50 oder vor über 100 Jahren, als diese
Universität gegründet wurde.
Jeder Fortschritt, auch über die Wissenschaft hinaus,
lebt immer davon, dass man kritisch Fragen stellt, dass man ein besseres
Argument sucht, dass man offen streitet und debattiert.
Fortschritt und
Innovation sind auch ein großer Leitgedanke unserer deutsch-chinesischen
Kooperation. Sie setzen voraus, dass man sich immer wieder neue Räume sucht und
Neuland betritt.
Vor über 40 Jahren, als China und die damalige Bundesrepublik Deutschland,
also die Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung, diplomatische
Beziehungen aufnahmen, konnte sich wohl kaum einer vorstellen, welch
beeindruckende und dynamische Entwicklung Ihr Land einmal nehmen würde. China
öffnete sich zusehends den Marktkräften und hat damit Millionen und
Abermillionen von Menschen einen Ausweg aus extremer Armut eröffnet. Um das zu erreichen,
bedurfte es der Bereitschaft, auch aus Erfahrungen in anderen Weltregionen zu
lernen.
Es bedurfte vor allen Dingen einer unglaublichen Tatkraft und auch
visionärer Weitsicht.
Inzwischen ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Nationale
Entscheidungen in China wirken sich damit spürbar auch auf andere Länder aus –
natürlich auch auf Deutschland. Daher sind mit Chinas Wirtschaftskraft auch die
Erwartungen der Welt an die internationale Verantwortung Chinas gewachsen. Wir
wissen: Heute lässt sich keine einzige globale Frage mehr ohne China und ohne
die Mitwirkung Chinas lösen. Wie wir das machen, ob wir dabei nur an uns heute
oder auch an die Generationen denken, die uns nachfolgen werden – das führt uns
zum Gedanken der Nachhaltigkeit, über den wir heute gemeinsam diskutieren
wollen. Denn Zukunft zu sichern und nicht zu verbrauchen – darum geht es, wenn
wir von nachhaltiger Entwicklung sprechen.
Nachhaltigkeit ist für uns in Deutschland ein politisches Leitprinzip. Es
beschreibt die Leitlinien der Gestaltung unserer Beziehungen zwischen den
Menschen und zwischen Mensch und Umwelt. Die moderne Definition des
Nachhaltigkeitsbegriffs geht auf den sogenannten Brundtland-Bericht aus dem
Jahr 1987 zurück: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den
Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten
künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“
Das Nachhaltigkeitsprinzip verlangt also, wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit, Umweltschutz und soziale Verantwortung zusammenzudenken.
Entscheidungen sind immer unter Berücksichtigung aller drei Gesichtspunkte zu
treffen. Es macht keinen Sinn, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Umweltschutz
und soziale Verantwortung gegeneinander auszuspielen. Wenn wir das aber zusammendenken wollen, erfordert das in vielen Fragen
ein Umdenken und Neudenken. Wenn wir zum Beispiel wollen, dass auch die
Generationen nach uns saubere Luft, frisches Wasser, gesunde Lebensmittel zum
Essen haben sollen, dann müssen wir heute den Wohlstand zum Teil anders
erwirtschaften, als wir das bisher gemacht haben.
Ich sage ganz bewusst: Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet nicht, auf
wirtschaftliche Entwicklung zu verzichten. In internationalen Gesprächen über
Nachhaltigkeit gerade auch mit den Ländern, die eine sehr dynamische
Entwicklung haben, klingt oft die Sorge an, dass man nun auf wirtschaftliche
Entwicklung verzichten soll. Das ist ein Missverständnis. Für mich ist
Nachhaltigkeit vielmehr eine Chance, neue Wege zur Wertschöpfung zu
erschließen.
In Deutschland haben wir erste Schritte auf dem Weg der Nachhaltigkeit
gemacht. Wir gewinnen etwa ein Viertel unseres Stroms aus erneuerbaren
Energien. Bis 2035 soll der Anteil der Stromerzeugung aus Sonne, Wind und
Wasser über 50 Prozent betragen. Wir haben etwas geschafft, das man vor wenigen
Jahrzehnten noch für unmöglich hielt: Wir haben das Wirtschaftswachstum vom
Energieverbrauch entkoppelt; das heißt, unser Energieverbrauch wächst langsamer
als die Wirtschaft.
Von dieser Entwicklung hat auch die deutsche Wirtschaft profitiert, denn es
wurden neue Technologien entwickelt, die effizienter sind. Wir haben die
Erfahrung gemacht, dass moderne, effiziente Technologien auch neue
Exportprodukte sind, die also nicht nur in Deutschland verkauft werden, sondern
auch weltweit Absatz finden. Außerdem sorgt eine effizientere Technologie für
geringere Betriebskosten und leistet gleichzeitig einen Beitrag zum
Klimaschutz. Das heißt also, ökonomische und ökologische Ziele gehen in einem
solchen Fall Hand in Hand.
Wir merken auch in Deutschland, dass die Kaufentscheidungen vieler Menschen
sich nicht allein nach Preis, Marke und Qualität ausrichten. Immer mehr
Menschen fragen auch: Ist das Ganze umweltschonend produziert; ist das Ganze
auch unter sozial verantwortlichen Bedingungen produziert worden? Denn eine
intakte Umwelt und eine soziale Balance gelten gleichermaßen als Aspekte einer
guten Lebensqualität. Diese Aspekte dürfen natürlich nicht nur in Deutschland
als Voraussetzungen für ein gutes Leben gelten, sondern auch weltweit. Wir
wissen, dass wir eine weiterhin zunehmende Weltbevölkerung haben.
Bis 2050
wird die Weltbevölkerung wahrscheinlich bis auf neun Milliarden Menschen
anwachsen.
Wir müssen es schaffen, dass die Tatsache, dass es mehr Menschen
auf der Welt gibt, nicht dazu führt, dass immer mehr Ressourcen verbraucht
werden.
Sie in China erleben ja auch einen dramatischen Wandel: Jedes Jahr ziehen
einige Millionen Menschen vom Land in die Stadt, weil sie sich in der Stadt
bessere wirtschaftliche Perspektiven erhoffen. Jeder, der in die Stadt zieht,
braucht ein Dach über dem Kopf, einen Arbeitsplatz und einen Zugang zu Bildung,
zu Sozial- und Gesundheitsdiensten. Ich konnte mir auch bei dieser Reise wieder
ein Bild davon machen, vor welchen Herausforderungen Ihr Land steht. Ich habe
Chengdu besucht und gesehen, was für eine wachsende Stadt das ist.
Es gibt zwischen Deutschland und China eine Urbanisierungspartnerschaft. Im
Rahmen dieser Partnerschaft arbeiten wir daran, wie wir unsere Städte nachhaltig
entwickeln können – mit neuen Städtebaukonzepten, intelligenten
Verkehrssystemen, energieeffizienten Gebäuden, mit ressourcensparenden Wasser-
und Abwassersystemen. Ich werde mir mit Ihrem Minister gleich nach der
Vorlesung hier auch ein Beispiel für nachhaltige Technologie anschauen, nämlich
Elektromobilität. Auch bei diesem Thema arbeiten Deutschland und China sehr eng
zusammen.
Nachhaltigkeit ist ein Prinzip, das weltweit Gültigkeit hat, das aber noch
nicht überall in der Praxis umgesetzt ist. Deshalb müssen wir noch weiter dafür
arbeiten. Wichtige Ansatzpunkte, wie wir Nachhaltigkeit besser verankern
können, werden die Ziele der Post-2015-Agenda sein, die die Vereinten Nationen
entwickeln. Sie kennen vielleicht die Millenniumsziele, die bis 2015 für die
ärmsten Teile der Welt gelten. Das sind Einzelziele, bei denen man sich zum
Beispiel damit beschäftigt, wie Bildung oder die Bekämpfung von Krankheiten
verbessert und die Müttersterblichkeit bei Geburten verringert werden kann. Für
die Zukunft werden wir Gesamtziele formulieren, die auch den Leitgedanken der
Nachhaltigkeit in sich tragen.
Jeder trägt dafür Verantwortung. Natürlich haben die Länder, die eine hohe
industrielle Entwicklung und schon heute ein hohes Wohlstandsniveau haben, mehr
Verantwortung, weil sie in der Vergangenheit mehr Ressourcen genutzt haben.
Aber wie ich schon sagte: Wenn Länder wie China oder Indien sich nicht daran
beteiligen, werden wir unsere weltweiten Ziele der Nachhaltigkeit nicht
umsetzen können. Das heißt, wir müssen aufhören zu denken: Norden hier und
Süden dort; Geberländer hier und Nehmerländer dort. Das sind Kategorien, die
uns beim Denken über Nachhaltigkeit nicht weiterbringen. Daher werben wir als
Bundesrepublik Deutschland stattdessen für globale Partnerschaften.
Wir
bauen auch mit China in vielen Bereichen eine solche Partnerschaft auf. Wir
bauen sie aber auch mit Entwicklungsländern auf und sagen: Gemeinsame
Verantwortung für die Welt, aber natürlich in differenzierter Ausprägung.
Das gilt auch und besonders für die Verhandlungen zum Klimaschutz.
Wir
brauchen ein internationales Abkommen. Sie wissen, dass wir den Anstieg der
weltweiten Temperatur auf unter zwei Grad halten wollen.
Das setzt eine
deutliche Reduktion von CO2-Emissionen und entsprechend verbindliche Ziele
voraus. Ende des Jahres 2015 wird in Paris die nächste wichtige Klimakonferenz
stattfinden.
Dort werden auch Deutschland und China gemeinsam sehr viel
diskutieren.
Wir sagen, dass wir auch Technologiepartnerschaften eingehen wollen.
Deutsche Unternehmen – deshalb ist in meiner Delegation auch eine
Wirtschaftsdelegation vertreten – empfehlen sich als erfahrene, kompetente
Partner, wenn es zum Beispiel um effiziente Kraftwerke, die Nutzung
erneuerbarer Energien, Umwelttechnik, Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft,
Recycling oder auch um eine nachhaltige Landwirtschaft geht. Sehr viele
Unternehmen möchten gerade auch in diesen Bereichen ihr Engagement in China
noch ausbauen. Es ist natürlich auch sehr gut, dass Sie einen gemeinsamen
Studiengang mit der Universität in Aachen haben, wo Studenten jeweilige
Technologien kennenlernen.
Deutschland und China haben eine Innovationspartnerschaft vereinbart. Bei
unseren nächsten Regierungskonsultationen im Herbst wird diese
Innovationspartnerschaft eine wichtige Rolle spielen. China wird, nebenbei
gesagt, das Gastland auf der CeBIT sein. Das ist eine der wichtigsten
Computermessen auf der Welt. Der Minister wird schon die Vorbereitungen
treffen. China kann sich dort mit seinen Technologien hervorragend
präsentieren.
Bis jetzt haben wir über technologische Fragen, den Ressourcenverbrauch und
dergleichen gesprochen. Aber nachhaltige Systeme zeichnen sich auch durch einen
guten Rechtsrahmen und soziale Gerechtigkeit aus. Nachhaltigkeit hat also
verschiedene Dimensionen. Sie bietet nicht nur ein Leitbild für umwelt- und
ressourcenschonendes Wirtschaften, sondern es geht auch um ein faires und
gerechtes Miteinander.
Denn sozialer Frieden und gesellschaftlicher
Zusammenhalt sind natürlich auch Voraussetzungen dafür, dass sich eine
Gesellschaft dauerhaft erfolgreich entwickeln kann.
Was verstehen wir in Deutschland darunter? Wir wollen, dass alle die gleichen
Chancen auf Bildung und damit auch auf sozialen Aufstieg haben. Wir müssen
ehrlich sein: Das ist uns in Deutschland auch noch nicht ausreichend gelungen.
Es gibt immer wieder Situationen, in denen Kinder aus Elternhäusern, in denen
die Eltern ein relativ geringes Bildungsniveau haben, noch nicht die gleichen
Chancen wie andere nutzen können. Unter einer erfolgreichen Entwicklung
verstehen wir auch, dass niemand um seine Sicherheit fürchten muss, dass
niemand um sein Eigentum fürchten muss, sondern dass es Rechtssicherheit gibt.
Die
Bürgerinnen und Bürger sollen sich darauf verlassen können, dass die Stärke des
Rechts anstatt das Recht das Stärkeren gilt. Wir wollen, dass alle die
Geschicke und den Aufbau des Landes mitgestalten können.
Dafür braucht man Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Soziale
Marktwirtschaft, wie wir in Deutschland sagen. Das sind die Grundpfeiler
unserer Ordnung.
Der Staat schafft durch Gesetze sozusagen Leitplanken, die
dem Gedanken Rechnung tragen, dass nur eine Gesellschaft, die offen ist, die
pluralistisch ist, die jedem seine Freiräume gibt, in der Lage dazu ist,
Zukunft erfolgreich zu gestalten. Diese Fähigkeit, Zukunft gemeinsam
erfolgreich zu gestalten, ist natürlich die Grundvoraussetzung dafür, dass eine
Gesellschaft erfolgreich sein kann.
Zu diesen Fragen stehen Deutschland und China in einem sehr engen
Meinungsaustausch. Wir haben viele Dialogforen. Dazu gehört zum Beispiel auch
der deutsch-chinesische Menschenrechtsdialog, in dem wir Fragen der
Menschenrechte ansprechen.
Dabei geht es immer auch um die Freiheit des
Einzelnen, um die Vielfalt der Gesellschaft. Dieser Dialog ist mir persönlich
sehr wichtig, denn ich hatte das Glück, vor fast 25 Jahren – in der
Umbruchzeit, in der Zeit der friedlichen Revolution, wie wir in der ehemaligen
DDR gesagt haben – zu erleben, dass die Berliner Mauer gefallen ist, dass
Freiheit und ein offener Meinungsaustausch plötzlich möglich waren und dass
Deutschland schließlich wiedervereint wurde. Deshalb ist es mir sehr wichtig,
den Dialog über Menschenrechtsfragen auch hier in China immer wieder zu führen.
Es gibt zwischen Deutschland und China auch einen Rechtsstaatsdialog. Da
führen wir einen offenen und sachlichen Austausch über alle Dinge, die die
Rechtssicherheit betreffen. Wir diskutieren im Augenblick zum Beispiel über das
Grundbuchrecht, also über die Frage: Wie kann ich Eigentum etwa an Land und
Grund sichern? Im Rahmen unseres Rechtsstaatsprogramms arbeiten wir zudem an
der gemeinsamen Ausbildung von Rechtsanwälten und Notaren. Wir teilen von
deutscher Seite aus mit China unsere Erfahrungen. So sprechen wir etwa auch
über Gesetze zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität oder zum Schutz der
Umwelt. Wir reden über eine moderne Verwaltungsgerichtsbarkeit oder zum
Beispiel über das Petitionswesen.
Wir glauben, dass all das auch dazu führt, den Gedanken der Nachhaltigkeit
in der Gesellschaft zu stärken. Denn nachhaltiges Wirtschaften bedeutet
natürlich auch, dass die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen auf eine unabhängige
Gerichtsbarkeit und darauf haben, dass sie ihr Recht durchsetzen können. Sie
sehen also an dem, was ich hier dargestellt habe, dass Nachhaltigkeit viele
Dimensionen hat, dass es so etwas wie eine Querschnittsaufgabe ist, die sich
durch sämtliche Lebensbereiche zieht.
Ein Thema, bei dem wir über Nachhaltigkeit in Deutschland besonders
intensiv diskutieren, ist die Frage der Haushaltspolitik. Wir haben in
Deutschland über viele Jahre, über die letzten 40 Jahre hinweg, immer einen
Haushalt gehabt, mit dem wir mehr ausgegeben haben, als wir an Steuern
eingenommen haben. Das hat dazu geführt, dass wir einen ziemlich hohen
Schuldenberg aufgehäuft haben, was natürlich das Gegenteil von Nachhaltigkeit
bedeutet. Wir sind sehr froh darüber, dass wir als Regierung jetzt zum ersten
Mal seit 40 Jahren einen Haushaltsentwurf vorlegen konnten, demnach im Jahr
2015 nicht mehr ausgegeben werden soll, als wir einnehmen. Das heißt also: Wir
machen etwas, das eigentlich selbstverständlich ist, vor allem wenn man weiß,
dass Deutschland ein Land ist, das einen sehr starken demografischen Wandel
durchmachen wird – das heißt, wir werden zusehends mehr ältere und weniger
jüngere Menschen haben. Aber angesichts des Schuldenbergs, den wir den jüngeren
Menschen überlassen, haben wir über viele Jahre hinweg das Gegenteil von dem
gemacht, was nachhaltig ist.
Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir alle voneinander lernen und dass
wir alle für die Zukunft lernen. Deshalb ist das Nachhaltigkeitsprinzip an
partnerschaftliche Kooperation weltweit gebunden.
Wir in Europa erinnern uns in diesem Jahr an viele schreckliche
Erfahrungen. Vor 100 Jahren ist der Erste Weltkrieg ausgebrochen, vor 75 Jahren
der Zweite Weltkrieg. Europa hat Lehren aus dieser Geschichte gezogen. Wir
haben Gräben überwunden. Wir haben die Europäische Union gegründet. Diese
Europäische Union aus 28 Mitgliedstaaten ist heute ein Garant dafür, dass durch
partnerschaftliche Zusammenarbeit Frieden und vernünftige Entwicklung möglich
sind.
Wir haben in diesem Jahr, in dem wir diese Gedenktage begehen, aber auch
eine schwierige Erfahrung gemacht. Mit dem Konflikt zwischen Russland und der
Ukraine war plötzlich die territoriale Integrität eines Landes nicht mehr
gesichert. Jetzt stellt sich die Frage: Wie löst man heute solche Konflikte? In
der Europäischen Union sagen wir: Militärische Lösungen eines solchen Konflikts
kommen nicht in Frage. Also brauchen wir friedliche Konfliktlösungsmechanismen
– durch Dialog, durch Reden, durch Verhandeln und durch den Einsatz von
internationalen Organisationen, in diesem Fall der Organisation für Sicherheit
und Zusammenarbeit in Europa, die sogenannte OSZE. Ob es auch um das
Atomprogramm von Nordkorea, das Atomprogramm des Iran, um die Klimakonferenzen
oder anderes geht – solche Fragen, die sich uns heute weltweit stellen, sind
immer wieder durch Austausch, Kooperation, Diskurs und Reden miteinander zu
lösen.
Präsident Xi und ich haben gestern Abend noch einmal auch über die ganze
Palette gemeinsamer außenpolitischer Verantwortung gesprochen – über Fragen,
bei denen Deutschland und China gemeinsam Lösungen suchen können und
hoffentlich auch finden werden.
Ihre Universität hat den schönen Leitgedanken: „Taten wirken mächtiger als
Worte.“ Das ist wohl richtig. Nun ist die Politik ein Fach, in dem die Worte
eine hohe Bedeutung haben; deshalb halte ich hier ja auch eine Rede. Aber im
Kern ist letztlich immer wieder Tatkraft gefragt – im wirtschaftlichen Bereich,
bei den Finanzen, im umwelt- und sozialpolitischen Bereich. Wenn uns dabei
möglichst oft der Gedanke der Nachhaltigkeit leitet, dann tun wir nicht nur
etwas für unsere Generation, sondern schaffen auch die Voraussetzungen dafür,
dass zukünftige Generationen genauso gut oder besser als wir heute leben
können.
Daran müssen wir arbeiten.
Herzlichen Dank dafür, dass Sie mir zugehört haben.
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