Der Autor dieses Artikels ist Herr Dr. Rupert Neudeck, der Gründer der Cap Anamur und der Grünhelme e. V.
Mir erschient er wie ein Heiliger
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BITTE um eine QUOTE für 10.000 Syrische
Bürgerkriegsflüchtlinge
Mittwoch, 03.10.2012
Das Vietnam unserer Tage ist
Syrien.
Dort ist eine ganze Bevölkerung in einer kollektiven Notlage. Die meisten
können gar nicht heraus aus dem Land, aus dem schon an die 300.000 Flüchtlinge
über die Grenzen in die Nachbarländer geflohen sind. Im Lande irren mindestens
300- 500.000 Menschen herum, die den brutalen Luftangriffen von Assads
Luftwaffe und den Bodenkämpfen in Aleppo und in Damaskus, in Homs und Hama
entflohen sind.
Einzelne können über eine Grenze kommen, sie haben deutsche
Angehörige, die für sie auch sorgen würden. Aber sie müssen sich in Amman oder
Ankara oder Beirut in die unendliche Schlange vor der Deutschen Botschaft
stellen und dann sagt ihnen ein Sachbeamter der Konsularabteilung: Die
Bearbeitung Ihrer Unterlagen wird zwei Wochen beanspruchen! Kommen Sie dann
wieder …! Dann spätestens kann ein Mensch verrückt werden, der sich schon
gerettet glaubte.
Hier einer unter zig-Fällen, die mir zugesandt oder am
Telefon erzählt werden, seit man weiß, dass die Grünhelme e. V. in einem Teil
Syriens, in Azaz arbeiten, in Hospitälern und bei der Reparatur von kaputt
geschossenen Schulen.
In Rheine/Münsterland gibt es den Janusz Korczak
Kindergarten. Dem Gründernamen entsprechend geht es dort sehr freundlich und
menschlich zu. In diesem Kindergarten arbeitet Aishana, eine syrische Frau mit
vier eigenen Kindern. Mir wird berichtet, dass diese Frau von allen geliebt und
geachtet wird. Seit zwei Wochen ist sie in Tränen aufgelöst, weil bei dem
Untergang eines Flüchtlingsbootes vor der türkischen Küste Aishana einen
Großteil ihrer eigenen Familie verloren hat. Die Familie des Bruders von
Aishana ist bis auf einen 16jährigen Sohn dabei ums Leben gekommen. Eine
Cousine mit einem drei Monate alten Baby hat den Schiffsuntergang auch nicht
überlebt.
Insgesamt verlor die deutsche Bürgerin Aishana 10 Familienmitglieder
bei diesem Unglück. Die Frau und
Kindergärtnerin hat schon zu Beginn des Krieges März 2011 einen kleinen Sohn
ihres Bruders zu sich nach Deutschland geholt. Dieser kleine Junge weiß noch
gar nicht, dass seine Eltern und Geschwister bis auf einen Bruder gestorben
sind.
Aishana hat trotz der Lebensgefahr nicht gezögert, sofort
noch mal nach Syrien zu reisen, um zu versuchen, den überlebenden Neffen aus
Syrien nach Deutschland zu holen. Bisher ohne Chance. Wie soll er hier herein
kommen?
Zweiter Fall:
Ein Aachener Deutscher „mit syrischem Hintergrund“, der
uns sehr geholfen hat, das erste Projekt von deutschen Humanitären in der
befreiten Stadt Azaz aufzurichten, will seine Schwester nach Deutschland holen.
Durch die Einladung und die Verpflichtungserklärung, dass er für eine gewisse
Zeit für alles aufkommen wird, konnte sie unter großer Gefahr die Grenze nach
Jordanien überwinden und ein Visum bei der deutschen Botschaft in Amman
beantragen. Der Antrag wurde abgelehnt – mit der Begründung – bei der man sich
angesichts der „Tagesschau“ und „heute“- Bilder vom Abend an den Kopf fasst:
Weil „kein ausreichender Nachweis zur Rückkehr nach Syrien vorliegt“. Diese
Schwester des Aachener Bürgers ist somit in Jordanien. Nach Syrien kann sie
unter den jetzigen Verhältnissen nicht zurück, unabhängig davon, dass sie das
auch nicht will. Dieser Syrierin wurde aber gnädig in Amman bei dem deutschen
Konsulat gesagt: Sie habe „das Recht auf Widerspruch innerhalb von vier Wochen!“. Da kann ich nur
sagen: Bravo, deutsche Diplomatie und deutsche Außenpolitik.
Nein, es wird dringlich Zeit, eine Quote zu machen für
solche Fälle, für die die beiden in diesem Artikel erwähnten nur der Fingerzeig
sind. Die Bundesregierung sollte bei den Innenministern der Bundesländer Quoten
für Kriegsflüchtlinge aus SYRIEN beantragen, zumindest für diejenigen, die hier
einen oder mehrere Angehörige haben, die in der Regel ja schon unsere
wertvollen Mitbürger sind. Immerhin höre ich, dass es viertausend syrische
Ärzte in Deutschland geben soll. Wenn das nicht ein wertvoller Beitrag ist, den
Mitbürger syrischer Herkunft schon geleistet haben!
Ich erbitte auf jeden Fall eine Quote für 10.000 Syrer,
die zu uns kommen und von ihren Angehörigen betreut und aufgenommen werden
können – jedenfalls für die erste Zeit.
Man kann wie ein Krämer auch sagen 5.000 – aber ich
möchte gern, dass die Tradition der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten
wird: Nämlich ihre Großzügigkeit. Die 11340 vietnamesischen Bootsflüchtlinge
wurden auch alle in einem Kontingent aufgenommen und mussten sich nicht mehr
bemühen. Ähnlich sollten wir jetzt syrische Menschen auszeichnen, die so
Entsetzliches in einem Krieg durchgemacht haben und durchmachen, den wir nicht
stoppen können. Und dass die westliche oder UNO-Politik ihn nicht stoppen kann,
sagt uns unser Außenminister jeden Abend in wohlgesetzten Worten.
Rupert Neudeck
Der übermorgen wieder nach Azaz fliegt, um dort die
Arbeit der Grünhelmee.V. zu verstärken
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