VETO! Human Rights Defenders‘
Network - Deutsche Sektion e.V.
P.O. Box 1506 61215 Bad Nauheim Germany Tel: +49 (0)176 495 23110
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Pressemitteilung
Sozialistische Republik Vietnam
Gewerkschaftsaktivistin
Do Thi Minh-Hanh ist frei
Bundestag und Bundesregierung setzten sich effektiv für sie ein
Bundestag und Bundesregierung setzten sich effektiv für sie ein
Bad Nauheim (30. Juni
2014) - Nach einer weltweiten Kampagne gegen ihre Inhaftierung wurde am
Sonnabend in Vietnam die Gewerkschaftsaktivistin Do Thi MINH-HANH vorzeitig
nach vierjähriger Haft aus dem Gefängnis entlassen. Die deutsche Organisation
von VETO! Human Rights Defenders‘ Network verkündet die frohe Nachricht
nach Ankunft der 29jährigen in ihrem Elternhaus. In April hat VETO! ihre Mutter
zu einem Besuch nach Berlin eingeladen, wo sie mit Vertretern der
Bundesregierung und des Deutschen Bundestages sprechen konnte. VETO! fordert
Vietnam auf, die schwer kranke Buddhistin Mai Thi DUNG sowie zwei Mitstreiter
von Frau Minh-Hanh, Nguyen Hoang Quoc HUNG und Doan Huy CHUONG, freizulassen.
Frau
MINH-HANH war 2010 zu sieben Jahren Haft verurteilt worden wegen „Störung der
Öffentlichen Ordnung“. Ihre als Verbrechen eingestufte Tat war die Organisation
eines Streiks gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen der 11.000 Arbeiter
einer Schuhfabrik in Südvietnam. Im Gefängnis wurde Frau Minh-Hanh mehrfach
gefoltert und brutal misshandelt, weil sie sich weigerte, das ihr angelastete
„Verbrechen“ zu gestehen.
Die
kürzlich gegründete Menschenrechtsorganisation „VETO! – Human Rights Defenders‘
Network“ mit Sitz in Bad Nauheim hat die weltweite Kampagne für ihre
Freilassung in Deutschland koordiniert. Diese Organisation hat sich zum Ziel
gesetzt, Menschenrechtsverteidiger zu unterstützen. Maßgebliche Unterstützung
erfuhr die Kampagne durch den Menschenrechtsausschuss des deutschen Bundestages
und den Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre
Hilfe, Christoph Strässer (SPD). Der Ausschussvorsitzende Michael Brand (CDU)
und die Bundestagsabgeordnete Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) hatten die
Patenschaft für die politische Gefangene übernommen. Ein weiteres
Ausschussmitglied, Frank Heinrich (CDU), hatte eine Dienstreise nach Vietnam im
April dazu genutzt, Frau MINH-HANH im Gefängnis zu besuchen. Für Frau MINH-HANH
war dieser Besuch und die damit offenkundig gewordene internationale
Aufmerksamkeit für ihr Schicksal von entscheidender Bedeutung für ihre
Freilassung.
Wie
Frau MINH-HANH gestern in einer ersten Stellungnahme mitteilte, will sie sich
für die Freilassung ihrer Mitgefangenen in Hanoi, der Gewissensgefangenen Mai
Thi DUNG, einsetzen. Sie wurde wegen Proteste gegen die Verletzung ihres Rechts
auf Religionsfreiheit als Buddhistin 2005 und 2007 zu einer gesamten Haftstrafe
von elf Jahren verurteilt. Das Gefängnis in Hanoi liegt 2000 Km von ihrem
Zuhause entfernt, was ihre Versorgung mit Medikamenten und Lebensmitteln sehr
erschwert. Frau DUNG ist lebensbedrohlich krank und kann seit einem Jahr kaum
laufen.
VETO!
weist darauf hin, dass zwei Mitstreiter von Frau MINH-HANH, Nguyen Hoang Quoc
HUNG und Doan Huy CHUONG weiterhin langjährige Haftstrafen für ihren Kampf für
bessere Arbeitsbedingungen erdulden müssen. Der Einsatz mit dem Ziel, auch
diese Menschenrechtsverteidiger zur Freiheit zu verhelfen, wird daher von VETO!
fortgeführt.
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Hintergrundinformation
Frau
Do Thi Minh-Hanh, geb. 1985, ist Buchhalterin in der vietnamesischen Provinz
Lam Dong. Schon im jungen Alter von 16 engagierte sie sich für die „Opfer der
sozialen Ungerechtigkeit“, die sich gegen die unrechtmäßige Beschlagnahmung
ihrer Grundstücke und Häuser wehrten. Später trat sie in das Komitee zum Schutz
der Arbeiter in Vietnam ein. Nach einem Streik in einer Schuhfabrik in der
südvietnamesischen Provinz Tra Vinh, den sie mit organisiert hatte, wurde sie
2010 verhaftet und später wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ unter
Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Rechtsbeistand zu sieben Jahren Haft
verurteilt. Sie wurde im Gefängnis mehrmals gefoltert und brutal misshandelt,
nur weil sie kein Geständnis ablegen wollte. Außerdem ist Minh-Hanh
gesundheitlich angeschlagen. Sie befand sich zuletzt im Lager Thanh Xuan bei
Hanoi, 1.700 Km von ihrem Zuhause entfernt. Damit waren Besuche und die
Versorgung mit notwendigen Lebensmitteln durch die Familie erschwert.
Die
Dachgewerkschaft der Arbeiter in Vietnam (DGAV) ist die einzige zugelassene
Gewerkschaft in dem kommunistischen Land. Die Ausbeutung der Arbeitskräfte im
niedrigen Lohnsektor hat sich in den letzten Jahren verschärft und immer wieder
zu „wilden“ Streiks geführt. Die Regierung betrachtet diese als illegal, weil
sie die hohen gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen und keine Zustimmung
der DGAV erhalten haben. Unabhängige Gewerkschaftler, die sich für den Schutz
der Arbeiterrechte einsetzen, werden verhaftet und zu hohen Haftstrafen
verurteilt.
Die
Lederschuhfabrik My Phong beschäftigte in 2010 rund 11.000 Arbeiter in der
südvietna-mesischen Provinz Tra Vinh. Die Arbeiter waren im Januar 2010 wegen
der schlechten Bezahlung und der Kürzung von Prämien unzufrieden. Außerdem
hatten Taiwanesische Manager Mitarbeiterinnen beleidigt und misshandelt. Am
28.01.2010 wurde dort zum Streik ausgerufen. Um die Ausbreitung des
Arbeitskampfes zu verhindern, hatte die Schuhfabrik die Arbeiter in ihren
Werkstätten eingesperrt. Die Arbeiter konnten sich später aus der
Gefangenschaft befreien, nachdem dreizehn Frauen wegen Sauerstoffmangel
bewusstlos geworden waren. Während des Streiks wurden Flugblätter verteilt.
Unter anderem forderten die Arbeiter die Fabrik dazu auf, ihre Menschenwürde zu
respektieren und die verantwortlichen Personen zur Rechenschaft zu ziehen.
Außerdem sollten zukünftig die Gewerkschaftsvertreter von den Arbeitern selbst
gewählt werden. Der Streik endete am 04.02.2010, nachdem die Fabrik sich auf
Kompromisse eingelassen hatte.
Nach
dem Streik suchte die vietnamesische Polizei nach den Organisatoren des
Streiks. Drei Personen wurden verhaftet, weil sie angeblich die Flugblätter
verteilt haben sollen: Herr Doan Huy Chuong, Herr Nguyen Hoang Quoc Hung und
Frau Do Thi Minh-Hanh.
Verhaftung,
Folter, Unrechtsprozesse, unmenschliche Haft
Minh-Hanh
wurde mit einem fadenscheinigen Vorwand am 23.02.2010 zu der Polizei der
Provinz Lam Dong gelockt und verhaftet. Dort wurde sie von Polizisten im
Beisein ihrer Mutter zusammengeschlagen. Sie wurde danach in das Haftzentrum
B14 des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit in Ho-Chi-Minh-Stadt
überwiesen. Dort und in jedem der darauffolgenden Haftzentren versuchte die
Polizei immer wieder, ein Geständnis von ihr abzupressen. Schon während der
Untersuchungshaft trat sie in einen Hungerstreik, um gegen die willkürliche
Verhaftung und Misshandlung zu protestieren.
Der
erste Prozess in der Provinz Tra Vinh fand am 26.10.2010 unter Ausschluss der
Öffentlichkeit statt, in dem Minh-Hanh nicht anwaltlich vertreten war. Ihre
Familie, die erst eine Woche vor dem Gerichtstermin benachrichtigt worden war,
konnte keine Rechtsverteidiger für sie finden. Wegen „Störung der öffentlichen
Ordnung“ wurden sie und Doan Huy Chuong zu jeweils sieben und Nguyen Hoang Quoc
Hung zu neun Jahren Haft verurteilt.
Nach
der Verurteilung wurde Minh-Hanh zum Haftlager der Provinz Tra Vinh zurück
gebracht. Dort durfte sie über das Thema Berufung mit ihrer Familie während des
Besuchs nicht sprechen. Der von ihrer Familie engagierte Rechtsanwalt wurde
nicht ins Gefängnis gelassen. Auf vehementen Protest des Anwalts wurde der
geplante Gerichtstermin am 24.1.2011 verschoben. Der Berufungsprozess fand am
18.03.2011 - erneut unter Ausschluss der Öffentlichkeit - statt und bestätigte
die hohen Haftstrafen gegen die drei unabhängigen Gewerkschaftler.
Der
Haftort von Minh-Hanh wurde ständig gewechselt, um Besuche zu erschweren. Ihre
Familie erfuhr erst davon, wenn sie vor dem alten Lager stand. In nur vier
Jahren durchlebte Minh-Hanh sieben verschieden Gefängnisse. Nach den Lagern in
der Provinz Lam Dong, Ho-Chi-Minh-Stadt und Provinz Tra Vinh folgen die
Gefängnisse in der Provinz Long An (Ben Luc), Provinz Binh Thuan (Z30D) und
Provinz Dong Nai (Z30A). Im Oktober 2013 wurde sie zum Lager Thanh Xuan in der
Hauptstadt Hanoi gebracht – 1.700 Km von ihrer Familie entfernt. Die
Inhaftierung an einem fernen Ort ist eine unmenschliche Strafmaßnahme.
Gefangene werden damit von der Außenwelt isoliert und können von ihren Familien
nur unzureichend mit Lebensmitteln versorgt werden, was jedoch für die
unterernährten Gefangenen lebensnotwendig ist. Minh-Hanh ist außerdem immer
wieder von Gefängniswärtern misshandelt, in Einzelhaft genommen, mit
HIV-Kranken zusammen in eine Zelle gesteckt oder zur Bestrafung stundenlang der
heißen Sonne ausgesetzt. Der Grund: mal weigerte sie sich ein Geständnis
abzulegen, mal protestierte sie gegen die Zwangsarbeit oder gegen die
unmenschliche und erniedrigende Behandlung durch das Gefängnis. Minh-Hanh wurde
zweimal von anderen Gefangenen zusammengeschlagen. Die Mitgefangenen machten
Minh-Hanh dafür verantwortlich, dass sie wegen ihrem „Fehlverhalten“ von den
Aufsehern kollektiv bestraft worden waren.
Gesundheit
Da
sie im Gefängnis häufig am Kopf geschlagen wurde, leidet Minh-Hanh an
chronischen Kopfschmerzen. Seit August 2013 hat sie Schmerzen an der Brust.
Ihre Familie vermutet Brustkrebs. In Hanoi wurde ihr eine Therapie versprochen,
die nicht stattfand.
UN
verurteilt Willkürhaft
Die
Arbeitsgruppe über willkürliche Haft des UN Menschenrechtsrates befand in
November 2012, dass Do Thi Minh-Hanh, Nguyen Hoang Quoc Hung und Doan Huy
Chuong willkürlich inhaftiert sind und forderte die vietnamesische Regierung
auf, die Gefangenen freizulassen und zu entschädigen. Der Fall wurde auch an
den UN Sonderberichterstatter für Folter überwiesen.
VETO!-Forderungen
während der Inhaftierung:
-
Die freie Gewerkschaftlerin DO Thi Minh-Hanh soll sofort und bedingungslos
freigelassen,
-
Folter und Misshandlung während der Haft soll eingestellt und
-
Ihr vermutlicher Brustkrebst soll medizinisch fachlich untersucht und behandelt
werden.