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Vietnam Samstag, 28.
September 2013 von apa/red - 12
Bären als Delikatesse
Tatze, Ohr und Galle: Das skrupellose Geschäft mit den gequälten Tieren
© Bild: APA/EPA/LUONG THAI
LINH
"Alles frisch", sagt der Verkäufer und öffnet den Gefrierschrank
des kleinen Geschäfts. Ohren und die Tatze eines Bären liegen darin,
eingefroren und aufgereiht. "Das Tier wurde von den Farmbesitzern erst vor
drei Tagen getötet", sagt er. Schlägt der Kunde gleich zu, gibt es ein
Fläschchen Bärengalle obendrauf - gratis.
Der illegale Handel mit den Überresten von Bären
floriert besonders in der Provinz Phu Tho, rund 80 Kilometer nordwestlich von
Vietnams Hauptstadt Hanoi. Etwa 40 solcher sogenannten Bärenfarmen soll es dort
geben. Die Tiere werden in engen Käfigen gehalten, die Besitzer entfernen ihnen
oft Zähne und Krallen, damit sie sich nicht selbst verletzen.
Verzweifelter Kampf
Tierschützer und Umweltaktivisten kämpfen seit Jahren gegen die Bärenfarmen
in Vietnam oder China. Besonders die Praxis, lebenden Bären in regelmäßigen
Abständen mit einer Nadel Gallensaft zu entnehmen - eine schmerzhafte Prozedur
für die Tiere - sorgte in der Vergangenheit auch international für Entsetzen.
Die Flüssigkeit ist in der traditionellen asiatischen Medizin als
Heilmittel begehrt. Doch die Wirkung des "Wundermittels" haben
Experten auch in lokalen Medien zuletzt häufiger infrage gestellt. Der Markt
für Bärengalle scheint inzwischen zu schrumpfen. Zwar wird weiter mit der
Flüssigkeit gehandelt, der Preis pro Milliliter sank aber in den vergangen
Jahren nach Angaben eines Farmbesitzers von umgerechnet knapp neun Euro auf
etwa 50 bis 70 Cent.
Den gefangenen Bären ergeht es dadurch nicht besser. Der Preisverfall setzt
die Besitzer unter Druck. Um an Geld zu kommen, töten inzwischen viele Farmer
ihre Tiere, denn andere Teile der Bären sind in Vietnam weiter sehr begehrt.
Fleisch gilt als Delikatesse
Das Fleisch der Tiere gilt als Delikatesse und in Alkohol eingeweichten
Bärenohren und Bärentatzen wird nachgesagt, die Leistungsfähigkeit zu steigern.
Je nach Gewicht bringt eine Packung von Ohr und Bärentatze nach Angaben eines
Farmers bis zu 1.000 Euro ein. Zwar ist der Handel mit Bären und ihren
Körperteilen in Vietnam mittlerweile untersagt. Wilde Bären dürfen nicht mehr
gefangen und gehalten werden. Die existierenden Bärenfarmen unterliegen zudem
strengen Auflagen: Ihre Besitzer müssen die Kadaver von toten Bären unter der
Aufsicht eines Försters vernichten. Durchgesetzt werden diese Vorschriften aber
kaum.
"Ich war noch nie dabei, als der Kadaver eines Bären unter Aufsicht
vernichtet wurde", sagt Tierarzt Nguyen Thanh Hai. "Aber ich habe
schon viele Bären gesehen, die wegen ihres Fleisches geschlachtet wurden."
Trotz des Drucks von Tierschützern und Anfragen der Verantwortlichen an Ort
und Stelle, lehnte es die Regierung in Hanoi bisher ab, Haltern die Bären
abzukaufen und sie in Rettungsstationen unterzubringen.
Viele Bärenbesitzer in der Region sehen offenbar keinen anderen Ausweg.
"Je länger wir sie halten, desto mehr leiden wir", sagt ein Farmer
aus Phu Tho. "Es ist besser für uns, sie zu töten und Fleisch und Tatzen
zu verkaufen.